Rechtliche Rahmenbedingungen

für die Energieversorgung in Deutschland

Notfallplan Gas

Der Notfallplan Gas wurde erstmals 2012 vom damaligen Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) aufgestellt und danach alle vier Jahre aktualisiert, zuletzt 2019 in Zusammenarbeit mit der Gaswirtschaft und der Bundesnetzagentur. Es handelt sich dabei um einen rechtlichen Rahmen zur Sicherung der Gasversorgung in Deutschland. Hintergrund ist Artikel 8 der EU-Verordnung (SoS-Verordnung) des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates. Darin sind verschiedene Maßnahmen zur Gewährleistung der Gasversorgung vorgegeben, um den Erdgasbinnenmarkt zu stärken und Vorsorge für den Fall einer Versorgungskrise zu treffen. Der deutsche Notfallplan Gas enthält die nationalen Rahmenbedingungen und Gestaltungsrechte für Unternehmen und Behörden. Maßgebend sind das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) und die Gassicherungsverordnung (GasSV).

Ziel

Einen besonders hohen Stellenwert nimmt im Notfallplan Gas die sichere Versorgung sogenannter geschützter Kunden ein. Für Privathaushalte, Krankenhäuser, Gaskraftwerke, die zugleich auch der Wärmeversorgung von Haushalten dienen, sowie andere schützenswerte Einrichtungen soll die Erdgasversorgung möglichst immer gewährleistet sein.

Stufen

Der Notfallplan Gas umfasst drei Stufen: die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Jede Stufe eröffnet Schritte außer der Reihe, um die Gasversorgung lebenswichtiger Einrichtungen und Funktionen zu sichern.

Aktuelle Situation

Aktuelle Situation: Am 30. März 2022 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Frühwarnstufe ausgerufen, am 23. Juni 2022 rief Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Alarmstufe aus.

Frühwarnstufe

Mit Eintreten der Frühwarnstufe trat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ein Krisenteam aus Behörden und Energieversorgern zusammen. Dieses hat nicht in die Geschehnisse eingegriffen, aber die Situation engmaschig beobachtet. Betreiber der Gasnetze sind in diesem Stadium dazu verpflichtet, konkrete Einsparpotenziale in ihrem Netzgebiet zu ermitteln. Eine Möglichkeit ist die Abschaltung großer industrieller Verbraucher, die auf andere Energieformen umsteigen, ihre Leistung reduzieren oder Betriebsteile abschalten können. Unter Kriterien der Bundesnetzagentur haben Gasversorgungsunternehmen in Zusammenarbeit mit den Geschäftskunden Abschaltreihenfolgen erarbeitet.

Alarmstufe

In der Alarmstufe beobachtet die Bundesregierung in Abstimmung mit Gasversorgern und Betreibern der Gasleitungen und Gasspeicher die Gasversorgungslage genau. Die Unternehmen, etwa Gasnetzbetreiber sind jetzt verpflichtet, engmaschig aktuelle Daten wie Gasfluss, Netzkapazitäten und den Zugriff auf Speicher an die Bundesnetzagentur zu melden. Weiterhin kümmern sich Marktakteure weitgehend selbstständig um die Entspannung der Lage. Wenn jedoch Energieunternehmen wirtschaftlich stark unter Druck geraten, kann die Bundesregierung tätig werden, um deren Zahlungsfähigkeit zu gewährleisten. Zu den möglichen Hilfen zählt der § 24 EnSiG (Energiesicherungsgesetz). Am 8. Juli hat zudem das Ersatzkraftwerkbereithaltungsgesetz den Bundesrat passiert, am 12. Juli ist es in Kraft getreten. Seit diese Verordnung offiziell gezogen ist, können Kohlekraftwerke aus der Reserve wieder für die Stromproduktion in Betrieb gehen. Infolgedessen können frei werdende Gasmengen in die Speicher fließen, anstatt für die Stromerzeugung eingesetzt zu werden.

Notfallstufe

Sollte es zu einer deutlichen Verschlechterung der Versorgungslage kommen, etwa durch einen völligen Lieferstopp der russischen Gaslieferungen, kann die Bundesregierung die dritte Stufe des Notfallplans Gas ausrufen. In der sogenannten Notfallstufe kann der Staat umfangreich in die Gasversorgung eingreifen. Die Bundesnetzagentur übernimmt im Auftrag der Bundesregierung dann die Gasverteilung auf die einzelnen Netzgebiete und greift in den Betrieb sehr großer energieintensiver Betriebe direkt ein.

Regelung der Krisenstufen gemäß Artikel 11 Absatz 1 SoS-VO

Frühwarnstufe (Frühwarnung): Es liegen konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise darauf vor, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm- bzw. der Notfallstufe führt; die Frühwarnstufe kann durch ein Frühwarnsystem ausgelöst werden.

Alarmstufe (Alarm): Es liegt eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt, der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen, ohne dass nicht marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Notfallstufe (Notfall): Es liegt eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere beträchtliche Verschlechterung der Versorgungslage vor und es wurden alle einschlägigen marktbasierten Maßnahmen umgesetzt, aber die Gasversorgung reicht nicht aus, um die noch verbleibende Gasnachfrage zu decken, sodass zusätzlich nicht marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen, um insbesondere die Gasversorgung der geschützten Kunden gemäß Artikel 6 sicherzustellen.

Energiesicherungspaket vom 21. Juli 2022

Die Bundesregierung hat beschlossen, Instrumente nachzuschärfen und neue Verordnungen sowie Gesetzesprozesse auf den Weg zu bringen. Hintergrund war die gedrosselte Liefermenge Erdgas nach abgeschlossener Wartung der Pipeline Nord Stream 1. Augenscheinlich lieferte Russland willkürlich weniger Gas als vereinbart und liefert laut Bundeswirtschaftsminister Habeck waren die Gründe vorgeschoben. Das Energiesicherungspaket hat drei Elemente:

  1. Die gesetzlich vorgegebenen Füllstände von Gasspeichern werden erhöht. Am 1. September wurde ein neues Zwischenziel von 75 Prozent eingefügt, der vorgegebene Füllstand zum 1. Oktober auf 85 Prozent erhöht und zum 1. November auf 95 Prozent.
  2. Erdgasverstromung sollte weiter gesenkt werden, indem zusätzlich zu Steinkohlekraftwerken auch Braunkohlekraftwerke aus der Reserve wieder ans Netz gehen können. Auch erneuerbare Energien sollen einen stärkeren Beitrag leisten, indem die Erzeugung von Biogas ausgeweitet wird. Dafür werden die Vorgaben der jährlichen Maximalproduktion von Biogasanlagen ausgesetzt. Zudem sollen Energietransporte im Schienenverkehr per Verordnung priorisiert werden und Vorrang haben.
  3. Effizient und Einsparmaßnahmen: Das BMWK plant Regelungen, die im Winter gelten sollen. Unternehmen, öffentliche Gebäude und Privathaushalte sollen zu Maßnahmen verpflichtet werden oder die Freiheit bekommen, Energie einzusparen. Beispielsweise soll ein Heizungscheck verpflichtend werden, ebenso wie der hydraulische Abgleich. Privat genutzte Pools dürfen nicht mehr mit Erdgas beheizt werden und gleichzeitig sollen Mieterinnen und Mieter von der Verpflichtung befreit werden, die Raumtemperatur im Winter mindestens auf einem bestimmten Niveau zu halten.

Energieeinsparverordnung seit 1. September (6 Monate lang)

Seit 1. September gilt für sechs Monate die neue Energieverordnung der Bundesregierung. Sie soll helfen, den Energieverbrauch in Deutschland deutlich zu reduzieren.

Maßnahmen für öffentliche Gebäude:

  • Durchgangsbereiche wie Flure, Foyers oder Technikräume sollen nicht mehr geheizt werden - außer, es gibt dafür sicherheitstechnische Gründe.
  • Öffentliche Gebäude sollen nur noch bis höchstens 19 Grad geheizt werden. Das gilt, wenn die Menschen in den Räumen vorwiegend sitzen.
  • Es soll kein warmes Wasser fürs Händewaschen in öffentlichen Gebäuden geben - es sei denn, das ist aus hygienischen Gründen vorgeschrieben.
  • Die Beleuchtung von Gebäuden und Denkmälern aus rein ästhetischen oder repräsentativen Gründen soll ausgeschaltet werden.
  • Beleuchtete Werbeanlagen sollen von 22 Uhr abends bis 16 Uhr ausgeschaltet werden.

Ausnahmen gibt es für Kliniken, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten oder weiteren Einrichtungen, bei denen höhere Lufttemperaturen in besonderer Weise zur Aufrechterhaltung der Gesundheit, der sich dort aufhaltenden Personen, geboten ist.

Regelungen für den privaten Bereich:

Für den privaten Bereich gelten bestimmte Regelungen, die Mieter zum Energiesparen animieren sollen. Es soll aber keine verpflichtende Höchsttemperatur in Wohnungen geben. Folgende Maßnahmen sind aber in Kraft getreten:

  • Klauseln in Mietverträgen, die eine bestimmte Mindesttemperatur vorsehen, sollen vorübergehend ausgesetzt werden.
  • Vermieter und Versorger, deren Gebäude mit Gas beliefert werden, sollen bis 30. September 2022 bzw. 31. Dezember ihre Mieter darüber informieren, wie hoch die Energiekosten im kommenden Jahr werden könnten (siehe EnSiKuMaV)
  • Vermieter und Versorger, deren Gebäude mit Gas beliefert werden, sollen ihre Mieter bis 30. September darüber informieren, wie sie am besten Energie sparen und wie sich das dann auf die Kosten auswirkt.

Darüber hinaus gibt es für Besitzer von privaten Pools ebenfalls eine Regelung: Private Pools, ob drinnen oder draußen, sollen nicht mehr mit Gas und Strom geheizt werden dürfen.
Auch für den Einzelhandel gibt es eine Energiesparmaßnahme: Das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen in Geschäftsräumen des Einzelhandels ist untersagt.
Der Einzelhandel in Deutschland will Energie und damit auch Energiekosten einsparen: Die Beleuchtung werde reduziert und Türen sollten nicht dauerhaft offenstehen, teilte der Handelsverband Deutschland (HDE) mit. Damit nicht bei geschlossenen Ladentüren weniger Kundinnen und Kunden ins Geschäft kämen, wolle der Einzelhandel ihnen mit Plakaten zeigen: „Türen zu, Geschäft offen“.

Ab 1. Oktober: Gasbeschaffungsumlage nach § 26 EnsiG und Gasspeicherumlage nach § 35 EnWG

Um die Gasversorgung in Deutschland abzusichern, hat die Bundesregierung auch etliche Vorsorgemaßnahmen im Rahmen von Ersatzbeschaffungen und der Gasspeicherung ergriffen. Die Kosten für diese Maßnahmen sollten auf Grundlage des Energiesicherungsgesetzes und des Energiewirtschaftsgesetzes auf alle Gaskunden verteilt werden – in Form von Umlagen. Zunächst waren zwei Umlagen angekündigt: Energielieferanten sollten ab 1. Oktober für jede Kilowattstunde, die sie bei ihrer Kundschaft abrechnen, zwei Umlagen an den Gesetzgeber abführen: die Gasbeschaffungsumlage zu 2,419 Cent pro Kilowattstunde und die Speicherumlage zu 0,059 Cent pro Kilowattstunde an den Gesetzgeber abführen. Die Gasbeschaffungsumlage wurde aber kurz vor der Umsetzung zum 1. Oktober gekippt, die Mehrwertsteuer auf Gas wurde für einen befristeten Zeitraum von 19 auf 7 Prozent gesenkt.

Gasbeschaffungsumlage: Mit dem Geld aus der Gasbeschaffungsumlage sollten große Gasimportunternehmen gestützt werden, die durch den Ausfall russischer Gaslieferungen teuren Ersatz aus anderen Ländern beschaffen müssen. Dass diese zahlungs- und damit lieferfähig bleiben, ist wichtig für das Aufrechterhalten der Gasversorgungskette. Da aber zwischenzeitlich Uniper verstaatlicht wurde, war der Anlass für die Gasbeschaffungsumlage hinfällig. Sie ist kurzfristig wieder gekippt worden.
Das war der Hintergrund für die Umlage: Russland lieferte nur noch einen Bruchteil der vertraglich vereinbarten Gasmengen nach Deutschland. Für die ausgefallenen Mengen mussten und müssen Gasimporteure nach Ersatz suchen und diesen zu den sehr hohen Preisen bezahlen. Denn nur so können sie ihren eigenen Lieferverpflichtungen gegenüber Stadtwerken und anderen Energieversorgern nachkommen – die Mehrkosten können sie allerdings wegen vertraglicher Regelungen nicht weiter verrechnen. So führt die teure Ersatzbeschaffung bei betroffenen Gasimporteuren zu erheblichen Verlusten, die sie nur kurzzeitig verkraften können. Um den Zusammenbruch der importierenden Unternehmen zu verhindern, hatte der Gesetzgeber beschlossen, die Mehrkosten der Ersatzbeschaffung zu erstatten. Die Idee der Regierung war es zunächst, dass diese Maßnahme von allen Gasverbraucherinnen und -verbrauchern über die Gasbeschaffungsumlage bezahlt wird. Die Verordnung zur Gasbeschaffungsumlage ist seit dem 09.08.2022 in Kraft und gilt zeitlich befristet vom 1. Oktober 2022 bis zum 1. April 2024. Die Höhe der Umlage sollte alle drei Monate auf Grundlage der gemeldeten Ersatzbeschaffungskosten neu berechnet und gegebenenfalls angepasst werden.

Speicherumlage: Das Geld aus der Gasspeicherumlage geht an die Trading Hub Europe. Sie ist von der Bundesregierung mit dem Management und der Befüllung der Gasspeicher beauftragt; dafür kauft sie unter anderem auch zu tagesaktuellen Preisen Gas ein. Die damit verbundenen Kosten werden mit der Umlage bezahlt. Welche Speicherstände erreicht werden müssen, hat der Gesetzgeber im Energiesicherungspaket genau festgelegt. Es gelten Werte zu den folgenden Stichtagen: 1. September 75 %; 1. Oktober 85 %; 1. November 95 %. In einigen Wochen sollen die Speicher also fast voll sein. Die Speicherumlage gilt vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. März 2025 und wird an bestimmten Stichtagen neu berechnet und gegebenenfalls angepasst.

Anpassungen für die Gasumlagen am 14. September

Am 14. September hat das Bundeskabinett eine nachträgliche Anpassung für die Gas-Umlagen vorgenommen. Bisher war nicht deutlich geworden, welche Gaskunden betroffen sind (Grauzone z.B. Fernwärme). Die Umlagen sollen laut Anpassung auch für aus Gas produzierte Fernwärme und alle Gas-Festpreisverträge gelten. Das ermöglicht eine breitere Verteilung der Lasten.

Erhöhung der Bilanzierungsumlage 
(Grundlage ist Gasnetzzugangsverordnung – Gas NZV - § 29, Beschluss für die Umlage siehe GaBi Gas 2.0 aus 2014)

Bilanzierungsumlage: Die Bilanzierungsumlage ist nicht neu, aber sie lag im Jahr 2021/2022 bei 0 Euro pro Megawattstunde. Zum 1. Oktober wurde sie auf 0,57 Euro pro Kilowattstunde angehoben. Die Bilanzierungsumlage dient der Deckung eines zu erwartenden Fehlbetrages aus dem Einsatz von Regel- und Ausgleichsenergie. Sie ist für die Dauer von 12 Monaten festgelegt.

Energiesicherungsgesetz (EnSiG)

Das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) stammt aus dem Jahr 1975. Es trat als Lehre aus der Ölkrise 1973 in Kraft: In den 1970er-Jahren gab es bereits eine hohe Einfuhrabhängigkeit bei Erdöl, Erdölerzeugnissen und Erdgas. Aus ihnen resultierte die Ölkrise 1973. Im Jahr 2022, nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, wurde das Gesetz reformiert. Zuletzt wurde das Gesetz am 8. Juli 2022 geändert. Durch die Rangfolge der Paragrafen 24, 26 und 29 ist jetzt klar geregelt, dass Eingriffe in den Markt zunächst über Stabilisierungsmöglichkeiten der Unternehmen nach § 29 zu prüfen sind, bevor Preisanpassungen nach § 26 und § 24 in Betracht kommen.

Gesetz zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung weiterer Vorschiften (Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz, EWPBG)

Der Gesetzentwurf wurde am 15. Dezember 2022 im Bundestag verabschiedet. Mit der Gaspreisbremse bekommen Gaskunden und -kundinnen einen Zuschuss zum Gaspreis. Diesen Rabatt übernimmt der Bund gegenüber den Energieversorgern, die verpflichtet sind, den Verbraucherinnen und Verbrauchern den Entlastungsbetrag gutzuschreiben. Entweder im Rahmen der Abrechnung oder über die Voraus- oder Abschlagszahlung. Bei Gas liegt der gedeckelte Arbeitspreis bei 12 Cent pro Kilowattstunde inklusive Steuern. Bei Wärme gilt eine Preisgrenze von 9,5 Cent brutto pro Kilowattstunde. Bei Tarifen, die darüber liegen, zahlt der Bund den Restbetrag. Das gilt für 80 Prozent des Jahresbedarfs (Basis für die Berechnung ist der historische Verbrauch, der für die Berechnung des Abschlags herangezogen wurde, der im September 2022 galt). Für den darüberhinausgehenden Verbrauch zahlen Energiekundinnen und -kunden den aktuellen Arbeitspreis ihres persönlichen Tarifs und Lieferanten. Der Preisdeckel ändert nichts daran, dass Gas knapp ist; deshalb halten wir einen Sparanreiz für wichtig und richtig.

Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse (Strompreisbremsengesetz, StromPBG)

Der Gesetzentwurf wurde am 15. Dezember 2022 im Bundestag verabschiedet. Auch die Strompreisbremse soll die steigenden Energiekosten für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen abfedern. Sie deckelt den Strompreis für Haushalte und Kleingewerbe mit einem jährlichen Verbrauch von bis zu 30.000 Kilowattstunden.
Bei Strom liegt der gedeckelte Arbeitspreis bei 40 Cent pro Kilowattstunde brutto, auch für 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs. Für Mengen, die diesen Verbrauch übersteigen, zahlen private Verbraucherinnen und Verbraucher den vom Versorger festgelegten Preis ihres Tarifs.

§ 24 EnSiG, Preisanpassungsrecht

Diese Regelung kommt zum Einsatz, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Es muss erstens die Alarmstufe oder die Notfallstufe im Notfallplan Gas gelten, zweitens muss die Bundesnetzagentur eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmenge durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger festgestellt haben und drittens müssen die Paragrafen 26 und 29, also eine Preisanpassung per Umlage und die Stabilisierung von Unternehmen durch den Bund, geprüft worden sein. In diesem Fall wären Energieversorgungsunternehmen gemäß § 24 EnSiG dazu berechtigt, außerordentliche Anpassungen der Gaspreise vorzunehmen. So wird sichergestellt, dass die Versorgungssicherheit nicht aufgrund zahlungsunfähiger Energieunternehmen gefährdet wird. Die Bundesregierung verzichtet jedoch aktuell noch darauf (Stand: 22.07.2022), sich auf § 24 zu berufen. Um stattdessen die höheren Kosten der Energieversorger über eine Umlage an alle Gasverbraucher weiterzugeben, gibt es jetzt § 26 EnSiG.

Neuer „Schutzschirm“ für in Not geratene Unternehmen § 29 EnSiG

Mit dem Paragrafen 29 werden Voraussetzungen geschaffen, dass sich der Bund im Interesse der Versorgungssicherheit an Firmen beteiligen kann. Ein bekanntes Beispiel ist der Gasimporteur Uniper, der in wirtschaftliche Schieflage geraten ist, weil er in den vergangenen Wochen viel teures Gas am Markt einkaufen musste, um seine Lieferverträge erfüllen zu können. Uniper ist ein wichtiger Zulieferer für viele Stadtwerke. Ende Juni hat das Management des Unternehmens offiziell um staatliche Hilfe gebeten.

22. Juli 2022: Der Bund steigt bei Uniper ein

Die Bundesregierung ist im Juli mit 30 Prozent bei dem kriselnden deutschen Energieunternehmen Uniper eingestiegen. Uniper ist der wichtigste deutsche Erdgasimporteur und durch die gedrosselten Erdgaslieferung Russlands wirtschaftlich in Not geraten.
Die Bundesregierung kündigte im Zusammenhang mit ihrem Einstieg bei Uniper an, dass Uniper ab einem bestimmten Zeitpunkt die höheren Preise weitergeben können muss. Denn Uniper kauft wegen der ausgefallene Liefermengen Russlands jetzt teuer Gas nach. Deshalb ist eine finanzielle Umlage der Gaskosten an alle Verbraucherinnen und Verbraucher geplant: Die Mehrkosten bei der Gasbeschaffung können gemäß § 26 EnSiG per Rechtsverordnung auf Kunden umgelegt werden. Die Umlage werde am 1. Oktober oder am 1. September kommen, sagte Scholz.

21. September 2022: Der Bund übernimmt Uniper

Im September hat die Bundesregierung Uniper zu 99 Prozent übernommen. Die Begründung: Da seit 1. September kein Gas mehr durch die Pipeline Nord Stream 1 fließt, habe sich die Situation von Uniper deutlich dramatisiert und deutlich verschlechtert. An der angekündigten Gas-Speicherumlage ändert dies nichts. Die Gasbeschaffungsumlage wurde zu dieser Zeit in Frage gestellt.

Gasbeschaffungsumlage gekippt

Wenige Tage vor ihrem Start am 1. Oktober wurde die Gasbeschaffungsumlage von der Bundesregierung wieder gekippt. Anlass war die Verstaatlichung von Uniper, die diese Umlage hinfällig machte.

Novellierung Treuhandverfahren § 17 EnSiG

Die im Mai vorgenommene Novellierung hat besondere Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung geschaffen. Möglich ist seitdem eine Treuhandverwaltung über Unternehmen der Kritischen Infrastruktur und als Ultima Ratio auch die Enteignung. So wird etwa die Gazprom Germania seit Inkrafttreten der Treuhandregelung am 4. April 2022 von der Bundesnetzagentur treuhänderisch verwaltet.

„Osterpaket“ zum Ausbau der erneuerbaren Energien

Am 7. Juli 2022 wurden im Bundestag mehrere Gesetzesvorlagen des sogenannten Osterpakets zum Ausbau der erneuerbaren Energien und zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes verabschiedet. Ziel des Osterpakets ist es, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2030 auf 80 Prozent zu steigern. Dabei wurde generell eingeordnet, dass die Nutzung von erneuerbaren Energien in „überragendem öffentlichen Interesse“ sei. Regelungen sind beispielsweise für den Ausbau des Übertragungsnetzes getroffen worden, zudem gibt es jetzt verbindliche Flächenziele für die Windenergie an Land für die Bundesländer. Auch in Bezug auf das „Repowering“, also das Ersetzen alter Kraftwerksteile zur Stromerzeugung durch neue Anlagenteile, wurden wichtige Entscheidungen getroffen. Ebenfalls Änderungen gab es im Bundesnaturschutzgesetz, etwa die Beschränkung sensibler Gebiete oder die Verbreiterung der zulässigen Fläche für Photovoltaik. Verbesserungen gab es auch für die „kleine Wasserkraft“ bis 500 Kilowatt, hier sind Normen abgeschafft worden, die diese deutlich schlechter gestellt haben. Kleinere Erleichterungen gibt es beim Windenergie-auf-See-Gesetz. Ebenso wurden Vereinfachungen für Verbraucher, beispielsweise beim Mieterstrom, durchgesetzt. 
Das sogenannte Osterpaket soll noch vor der politischen Sommerpause verabschiedet werden.

Änderung Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), „Gasspeicherungsgesetz“

Zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen wurde am 30. April 2022 das Energiewirtschaftsgesetz angepasst. Mit dem Gasspeichergesetz soll sichergestellt werden, dass eine Unterversorgung mit Gas vermieden wird und die Speicheranlagen in Deutschland bis zum Beginn der Heizperiode gut gefüllt sind.
Die gesetzlich vorgegebenen Füllstände sollen im Rahmen des Energiesicherungspakets vom 21. Juli 2022 per Verordnung weiter verschärft werden: zum 1. September 75 Prozent, am 1. Oktober 85 Prozent, am 1. November 95 Prozent. Im Winter 2021/22 waren die Füllstände historisch niedrig; sie lagen deutlich unter den neuen gesetzlich vorgegebenen Normen. Die neuen Vorgaben sollen das zügige Einspeichern sicherstellen und Ausspeicherung verhindern.
Laut Gesetzgebung haben die Nutzer von Gasspeicheranlagen im ersten Schritt die von ihnen gebuchten Speicherkapazitäten zu befüllen. Andernfalls werden ihnen die Speicherkapazitäten entzogen und dem Marktgebietsverantwortlichen für den Gasmarkt zur Verfügung gestellt. Das ist die Trading Hub Europe GmbH (THE). Sie ist von den Fernleitungsnetzbetreibern beauftragt, den Gasnetzzugang effizient abzuwickeln. THE lässt entweder im Rahmen einer Sonderausschreibung (Strategic Storage-Based Options) die Marktakteure die Speicher befüllen oder befüllt sie selbst.

Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz

Am 12. Juli 2022 ist das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz (EKBG) in Kraft getreten. Auf dieser Grundlage können Kohle- und Ölkraftwerke bei einer Gasmangellage wieder temporär zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Der Zeitraum ist begrenzt bis zum 31. März 2024. Mit dem Ausrufen der Alarmstufe des Notfallplans Gas hat das Bundesministerium für Klima und Wirtschaft (BMWK) eine Notwendigkeit für das Gesetz geschaffen.
Im Rahmen des Energiesicherungspakets vom 21. Juli 2022 wurde festgelegt, dass ab dem 1. Oktober auch Braunkohlekraftwerke ans Netz gehen sollen. Das Ziel der Kohle- und Ölverstromung ist, die Versorgungssituation mit Erdgas abzusichern: Die Erdgasverstromung kann reduziert und einzelne Gaskraftwerke abgeschaltet werden. Das so eingesparte Erdgas wird für die Einsatzbereiche vorgehalten, wo es nicht ersetzt werden kann. Von der Regelung ausgenommen sind deshalb auch Anlagen mit einer Kraft-Wärme-Kopplung, die neben Strom auch Wärme, etwa für Fernwärmenetze bereitstellen. Diese Wärme kann nicht durch Reservekraftwerke erzeugt werden.
Aktuell (Juli 2022) ist es ein wichtiges Ziel, die Gasspeicher bis zum Beginn der Heizperiode weiter aufzufüllen, damit wir in Deutschland einigermaßen gut durch den Winter kommen. Wegen der schlechten CO2-Bilanz sollen Kohle- und Ölkraftwerke allerdings nicht dauerhaft wieder ans Netz gehen, sondern Gaskraftwerke nur vorübergehend ersetzen.

Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV) (Beschluss 24. August)

Die Verordnung EnSikuMaV (Beschluss 24.8.2022) zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen definiert Schritte zur Energieeinsparung im Gebäudebereich. Nach Paragraf 9 EnSikuMaV haben Energieversorger die Pflicht, jedem Eigentümer von Wohngebäuden oder Eigentumswohnungen oder den Nutzern von Wohneinheiten eine rechnerische Vorstellung von seinem Einsparpotenzial zu vermitteln, und zwar durch schriftliche Benachrichtigung bis zum 30. September. Wenn diese spezifischen Informationen bis zum 30. September 2022 nicht zur Verfügung gestellt werden können, sind unspezifische Informationen auf der Grundlage typischer Verbräuche unterschiedlich großer Gebäude oder Haushalte mitzuteilen. Diese unspezifische Mitteilung hat allerdings nur aufschiebende Wirkung. Die Mitteilung der gebäude- bzw. wohnungsspezifischen Informationen ist spätestens bis zum 31. Dezember 2022 nachzureichen. Die Verordnung gilt ab dem 1. September für sechs Monate.

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